Böhner, Vol. II: Solokonzerte und Orchesterwerke
»Das neueste und bedeutendste ist, daß der alte Ludwig Böhner gestern hier ein Konzert gegeben hat. Sie wissen, daß er seinerzeit so berühmt wie Beethoven war. […] Aber seine ärmliche Erscheinung hat mich niedergedrückt – der alte Löwe mit dem Splitter in der Tatze – das ist sie. […] Er hat mit einer Keckheit und einem Stolz der Menschen gespottet, daß diese es nun umdrehen. Hätte ich Zeit, so möchte ich einmal für die Zeitung Böhnerianen schreiben, zu denen er mir selbst viel Stoff gegeben. Es ist zu viel Lustiges und Betrübendes in diesem Leben gewesen.« (Robert Schumann 1834 in einem Brief an Ernestine von Fricken) Ludwig Böhner ? Vermutlich müssen auch Sie zugeben, daß Sie den Namen noch nie gehört haben. Ludwig Böhner (1787-1860) zählt zu den vergessenen Komponisten, dessen Name heute nicht einmal mehr in jedem Musiklexikon zu finden ist. Viele seiner Werke sind bestimmt nicht grundlos in Vergessenheit geraten, andere hingegen sind es durchaus wert, wiederentdeckt zu werden. Als junger Künstler erfolgreich am Leipziger Gewandhaus und als Musikdirektor in Nürnberg, machten Ludwig Böhner zahlreiche Konzertreisen durch das In- und Ausland bekannt. Ein unsteter Lebenswandel und Krankheit ließen die Karriere Böhners jedoch bereits schon früh wieder abbrechen. Sein späterer Wirkungskreis beschränkte sich auf kleinste Orte in seiner thüringischen Heimat, und der Verkauf seiner Kompositionen brachte ihm nur noch Almosen ein. Besonders häufig ist im Orchesterschaffen Ludwig Böhners die Form der Variation anzutreffen. Seine besondere Liebe galt dabei den orchesterbegleiteten Solowerken, die er für Oboe, Klarinette, Fagott, Horn und Violine komponierte. Das unter anderem auf dieser CD eingespielte Werk für Violine und Orchester wurde auf der Grundlage älterer Druckvorlagen und handschriftlicher Kopien von Hermann Breuer und dem Violinisten Viktor Barschewitsch aufführungspraktisch eingerichtet und neu herausgegeben. Hermann Breuer, von 1991-2008 Chefdirigent der traditionsreichen Thüringen Philharmonie Gotha, widmete sich der Erschließung des Schaffens Gothaer Komponisten. Der Gothaer Hof, der lange Zeit ein Zentrum höfischer Musikpflege darstellte, birgt in seinem am Schloß angegliederten Archiv einen Schatz, den ES-DUR in Zusammenarbeit mit Hermann Breuer einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich machen möchte.