Unbändige Kraft und Leidenschaft, spielerische Inbrunst, grenzenlose Fabulierlust, unbezwingbare Kohäsionskräfte und absolute Furchtlosigkeit – das zweite Album von Luise Volkmanns Band Été Large ist da: „When The Birds Upraise Their Choir“. Die Haltung der so genannten 68er-Generation und die Rock-Musik der 1970er Jahre ist für Luise Volkmann ein wichtiger Ausgangspunkt, aber eben nicht die Knetmasse, aus der ihre eigenen Songs entstehen. Ihre Faszination reicht von der Protestmusik der Woodstock-Ära bis zur destruktiven Urkraft des Punk. Obwohl es sich mit einigen individuellen Ausnahmen um dieselbe Band wie auf „Eudaimonia“ (2017) handelt, könnte der Unterschied zwischen beiden Projekten von Été Large kaum größer sein. Die fein ziselierten, fast sinfonisch anmutenden Klangmalereien des ersten Albums weichen in dem neuen Song-Zyklus der oben beschriebenen unbändigen, geradezu explosiven Kraft, die genau im richtigen Augenblick entfesselt wird: Vor der Band steht das vokale Doppel das alle Anstandsregeln von Big-Band-Gesang abgeworfen hat. Mit seinem dreckigen und zuweilen unerwartet zarten Idiom gibt das Paar die Richtung vor, in die auch der Rest der Band mitzieht. Mit messerscharfen Gitarrensalven und entfesseltem Bläsereinsatz wird die Musik von Été Large zum mitreißenden Spektakel. Es definiert nicht nur sein eigenes Genre jenseits des Dreiecks aus freiem Jazz, progressivem Rock und avantgardistischer Kammermusik, sondern es stellt wieder die Verantwortung des Künstlers gegenüber der Gesellschaft in den Mittelpunkt. Luise Volkmann wehrt sich gegen die neutrale Belanglosigkeit eines großen Teils der aktuellen Musik von Jazz bis Pop.