Ganz oder gar nicht! Keine halben Sachen! Wo sich im Lauf ihrer Karriere vieler anderer Künstler Routineabnutzungen bemerkbar machen, reift in Nils Wogram die Erkenntnis, dass jedes neue Projekt zugleich sein erstes Projekt ist. Ganz besonders spürbar ist das auf seiner neuen CD „Muse“, eingespielt mit der Harfenistin Kathrin Pechlof, dem Bratschisten und Obertonsänger Gareth Lubbe und Wograms Langzeit-Weggefährten Hayden Chisholm am Saxofon. Und so ist an „Muse“ eigentlich alles komplett anders, als man es von Nils Wogram und seinem Umfeld gewohnt ist. Nils Wograms Musik ist von jeher eine große Sinnlichkeit eigen. Während er bislang in so gut wie allen Projekten die Sinnlichkeit des Augenblicks zelebrierte, kommt auf „Muse“ die Sinnlichkeit des Bleibenden zum Tragen. Diese unaufgeregte Offenheit für alle Möglichkeiten, die sich aus dem gerade Begonnenen ergeben können, überträgt sich auch unschwer auf die Hörer. Die Musik mag komplex sein, doch ist ihre immanente Schönheit und Freundlichkeit bei aller formalen Strenge auch für den Hörer enorm entspannend. „Muse“ ist ein leises Album. Jeder Ton zählt. Klang ist die entscheidende Komponente. Erstmals in der langen Geschichte seiner Musik hat Wogram ein Album im Sitzen eingespielt, um sich so von allen Seiten auf die Anforderungen der Harfe einzulassen. Kathrin Pechlof wiederum, saugt den Input von Posaune, Saxofon, Viola und Stimme in ihren tausenduneinen Saiten auf. Dieser geradezu märchenhafte Zusammenklang ist die Grundlage, nicht das Resultat des gemeinsamen Spiels. Auf diese Weise gelingt es auch von außen ganz leicht, den vier Beteiligten beim gegenseitigen Zuhören zuzuhören. In der antiken Mythologie ist die Muse eine Gestalt, die das göttliche Schöpfungsprinzip in sich vereint und an die Menschen weitergibt. Die Fabeln großer Künstlerpersönlichkeiten und ihrer Musen füllen ganze Kompendien. Nils Wogram, Kathrin Pechlof, Hayden Chisholm und Gareth Lubbe brauchen indes keine personifizierte Inspirationsquelle, um gemeinsam in den Dienst der Muse Musik zu treten. Ihre Tongedichte ohne Text sind voller Poesie und zeigen vor allem eines: Aller Anfang ist leicht!