Doorways

Doorways

Doorways entstand aus dem Wunsch heraus, der Stadt und dem Alltag zu entfliehen, sowie auch seiner problematischen Geschwindigkeit, deren Produktion die Erosion der Aufmerksamkeit beschleunigt. An einem ruhigen Ort anzukommen, dort mit einem beobachtenden, vorurteilsfreien Eros zu verweilen, um sich wieder bewusst zu werden, dass man lebt. In Pauline Oliveros’ Manier des Deep Listening beschäftigt sich das Album der Künstlerin Maja Osojnik mit der unwillkürlichen Natur des Hörens und der bewussten Natur des Zuhörens und stellt die Frage, wie aufmerksam wir die (Klang-) Umgebung und ihre konstante Veränderung wahrnehmen, erkennen und verinnerlichen. Beide Stücke arbeiten mit den subtilen Veränderungen im Klang und sind wie eine Collage, ein Pas de Deux, zwischen Natur und Cyborg, zu verstehen. Durch Schattierungen, mikroskopische Abweichungen, Übergänge, Schichtungen, Verfremdungen von originalen Field Recordings bringen die Stücke die Aufmerksamkeit auf die Essenz des Vorhandenen, des vor Ort Bestehenden und laden ein, eine Art Hörgymnastik zu betreiben. Es geht um ein aktives Hören, um ein Cinema for the ears – so die Künstlerin Maja Osojnik –, um ein interaktives Spiel mit dem eigenen Selbst. Die Kompositionen laden ein, gehört zu werden, und funktionieren wie ein Drehknopf, der hochsensibel Veränderungen in den Fokus rückt, Schärfe immer wieder neu justiert, um neue Verhältnisse zwischen den elektronisch generierten Klängen, Instrumenten und den Field Recordings zu schaffen. Das erste Stück, Doorways #09, ist eine musikalische Übersetzung einer Klang-Karte eines bestimmten Ortes mitten im Wald. Die Komposition überschreibt, dehnt, verfremdet, tarnt akustisch die Natur vor Ort. Die Feld-Klangaufnahmen werden manipuliert, reduziert, gefiltert, tonal verändert. Musique Concrète in Reverse bedeutet hier, dass die Blöcke der Naturgeräusche durch die Klänge akustischer und synthetischer Musikinstrumente ersetzt und durch die musikalische Sprache neu interpretiert werden. Daraus entsteht ein elektronischer Klangteppich, ein nährender Sound-Boden, über den sich die neue Layer, ein instrumentales Werk mit Black Page Orchestra, legt. Doorways #09 ist Teil einer Serie von grafischen Partituren, die Maja Osojnik über die Jahre hinweg für verschiedene Besetzungen bzw. Ensembles gestaltet hat. Die grafische Komposition gibt klare und deutliche Anweisungen hinsichtlich des Klangmaterials, lässt aber Freiraum für die Zeitlichkeit: In welchem Tempo man sich durch die Partitur bewegt, wie lange man wo verweilt, bleibt offen und dem Ensemble überlassen. Die Partitur ist somit auch immer die Frage, wie Kommunikation mit sich sowie mit anderen stattfinden könnte. Die Verantwortung und das Verhältnis von Individuum und Kollektivum, nicht im Versus, sondern im Miteinander, rücken hier in den Fokus. Ebenso die Frage der freien Gestaltung, das Verhältnis zwischen Interpretation und Improvisation im vorgegebenen Rahmen, den eine grafische Partitur per se mit sich bringt. Blende #01 beschäftigt sich mit Veränderung, Verwandlung und dem Spiel der Mimikry. Ohne direkt den Mythos von Daphne zu illustrieren, konzentriert sich das Stück thematisch auf das Element des Fluches, auf die zwei Pfeile des Eros, welche die Trennung zwischen unsterblicher Liebe und Unempfänglichkeit von Liebe symbolisieren. Das Gegenpolige, das daraus resultierende Unmögliche, das Schmerzhafte (The pain is not a scandal) stehen im Zentrum, genauso wie das Moment der Verwandlung, das Shapeshifting, die Metamorphose. Das Loslassen von Altem, während das Neue unmöglich zu begreifen bleibt. Das Stück verarbeitet also in seiner Abstraktion und persönlichen Abhandlung den Prozess des Sterbens, die damit verbundenen Gefühle von Angst, Schmerz, Neugier, Lust und Ektase. Die Blende blickt also in eine halluzinierende surreale Traumwelt, zoomt in and out, hinein in eine mikroskopische Wesenheit, in einen dicht bewachsenen Wald. Zu Sonnenaufgang sticht schräges Licht in hunderte Richtungen, durch Bäume und aufsteigenden Nebel hindurch, und bricht sich dann kaleidoskopisch im Tau der Blätter. Alles atmet, wächst, baut, umarmt, umhüllt, fließt und bewegt sich langsam zwischen Leben und Tod, in konstanter Zirkulation und Metamorphose, unsichtbar für das Auge. Immer da, unversteckt, aber nie entblößt. Entblößt bin ich. Da stehend. Mittendrin. Komm näher. Schau hinein. Ich öffne den Mund. Rot. Eingang …

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Maja Osojnik · 1731600000000

Doorways entstand aus dem Wunsch heraus, der Stadt und dem Alltag zu entfliehen, sowie auch seiner problematischen Geschwindigkeit, deren Produktion die Erosion der Aufmerksamkeit beschleunigt. An einem ruhigen Ort anzukommen, dort mit einem beobachtenden, vorurteilsfreien Eros zu verweilen, um sich wieder bewusst zu werden, dass man lebt. In Pauline Oliveros’ Manier des Deep Listening beschäftigt sich das Album der Künstlerin Maja Osojnik mit der unwillkürlichen Natur des Hörens und der bewussten Natur des Zuhörens und stellt die Frage, wie aufmerksam wir die (Klang-) Umgebung und ihre konstante Veränderung wahrnehmen, erkennen und verinnerlichen. Beide Stücke arbeiten mit den subtilen Veränderungen im Klang und sind wie eine Collage, ein Pas de Deux, zwischen Natur und Cyborg, zu verstehen. Durch Schattierungen, mikroskopische Abweichungen, Übergänge, Schichtungen, Verfremdungen von originalen Field Recordings bringen die Stücke die Aufmerksamkeit auf die Essenz des Vorhandenen, des vor Ort Bestehenden und laden ein, eine Art Hörgymnastik zu betreiben. Es geht um ein aktives Hören, um ein Cinema for the ears – so die Künstlerin Maja Osojnik –, um ein interaktives Spiel mit dem eigenen Selbst. Die Kompositionen laden ein, gehört zu werden, und funktionieren wie ein Drehknopf, der hochsensibel Veränderungen in den Fokus rückt, Schärfe immer wieder neu justiert, um neue Verhältnisse zwischen den elektronisch generierten Klängen, Instrumenten und den Field Recordings zu schaffen. Das erste Stück, Doorways #09, ist eine musikalische Übersetzung einer Klang-Karte eines bestimmten Ortes mitten im Wald. Die Komposition überschreibt, dehnt, verfremdet, tarnt akustisch die Natur vor Ort. Die Feld-Klangaufnahmen werden manipuliert, reduziert, gefiltert, tonal verändert. Musique Concrète in Reverse bedeutet hier, dass die Blöcke der Naturgeräusche durch die Klänge akustischer und synthetischer Musikinstrumente ersetzt und durch die musikalische Sprache neu interpretiert werden. Daraus entsteht ein elektronischer Klangteppich, ein nährender Sound-Boden, über den sich die neue Layer, ein instrumentales Werk mit Black Page Orchestra, legt. Doorways #09 ist Teil einer Serie von grafischen Partituren, die Maja Osojnik über die Jahre hinweg für verschiedene Besetzungen bzw. Ensembles gestaltet hat. Die grafische Komposition gibt klare und deutliche Anweisungen hinsichtlich des Klangmaterials, lässt aber Freiraum für die Zeitlichkeit: In welchem Tempo man sich durch die Partitur bewegt, wie lange man wo verweilt, bleibt offen und dem Ensemble überlassen. Die Partitur ist somit auch immer die Frage, wie Kommunikation mit sich sowie mit anderen stattfinden könnte. Die Verantwortung und das Verhältnis von Individuum und Kollektivum, nicht im Versus, sondern im Miteinander, rücken hier in den Fokus. Ebenso die Frage der freien Gestaltung, das Verhältnis zwischen Interpretation und Improvisation im vorgegebenen Rahmen, den eine grafische Partitur per se mit sich bringt. Blende #01 beschäftigt sich mit Veränderung, Verwandlung und dem Spiel der Mimikry. Ohne direkt den Mythos von Daphne zu illustrieren, konzentriert sich das Stück thematisch auf das Element des Fluches, auf die zwei Pfeile des Eros, welche die Trennung zwischen unsterblicher Liebe und Unempfänglichkeit von Liebe symbolisieren. Das Gegenpolige, das daraus resultierende Unmögliche, das Schmerzhafte (The pain is not a scandal) stehen im Zentrum, genauso wie das Moment der Verwandlung, das Shapeshifting, die Metamorphose. Das Loslassen von Altem, während das Neue unmöglich zu begreifen bleibt. Das Stück verarbeitet also in seiner Abstraktion und persönlichen Abhandlung den Prozess des Sterbens, die damit verbundenen Gefühle von Angst, Schmerz, Neugier, Lust und Ektase. Die Blende blickt also in eine halluzinierende surreale Traumwelt, zoomt in and out, hinein in eine mikroskopische Wesenheit, in einen dicht bewachsenen Wald. Zu Sonnenaufgang sticht schräges Licht in hunderte Richtungen, durch Bäume und aufsteigenden Nebel hindurch, und bricht sich dann kaleidoskopisch im Tau der Blätter. Alles atmet, wächst, baut, umarmt, umhüllt, fließt und bewegt sich langsam zwischen Leben und Tod, in konstanter Zirkulation und Metamorphose, unsichtbar für das Auge. Immer da, unversteckt, aber nie entblößt. Entblößt bin ich. Da stehend. Mittendrin. Komm näher. Schau hinein. Ich öffne den Mund. Rot. Eingang …

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